Veröffentlicht am März 15, 2024

Der größte Hebel für wirksame Aufforstung ist nicht die Höhe Ihrer Spende, sondern die kritische Auswahl des Projekts.

  • Viele Spendenbäume überleben nicht wegen falscher Standortwahl oder reiner Fokussierung auf schnellwachsende Monokulturen.
  • Billige „1-Euro-pro-Baum“-Angebote ignorieren oft die entscheidenden, langfristigen Pflegekosten und sind ein Warnsignal.

Empfehlung: Prüfen Sie Projekte auf Transparenz, nachgewiesene Überlebensraten und einen standortgerechten Ansatz, bevor Sie spenden oder sich engagieren.

Der Wunsch, etwas Gutes für die Umwelt zu tun, ist in Deutschland weit verbreitet. Angesichts der Nachrichten über das Waldsterben möchten viele Menschen aktiv werden und durch Baumspenden oder eigenes Engagement zur Wiederaufforstung beitragen. Diese Hilfsbereitschaft ist enorm wertvoll, doch oft verpufft die gute Absicht, weil sie nicht auf die richtige Weise kanalisiert wird. Die gängige Annahme, jede Baumspende sei per se ein Gewinn für die Natur, ist eine gefährliche Vereinfachung.

Als Projektberater im Bereich der Aufforstung sehe ich täglich die Diskrepanz zwischen gut gemeinten Spenden und deren tatsächlicher ökologischer Wirkung. Viele Initiativen werben mit verlockend einfachen Botschaften wie „1 Euro für 1 Baum“, verschleiern dabei aber die komplexen Realitäten: die Kosten für die Pflege in den ersten Jahren, die Wahl der richtigen Baumart für den richtigen Standort und die entscheidende Frage der Überlebensrate. Ein gepflanzter Baum ist noch lange kein Wald.

Doch wenn die wahre Lösung nicht darin liegt, einfach nur Geld an die nächstbeste Organisation zu überweisen, was ist dann der richtige Weg? Dieser Artikel bricht mit dem Mythos der reinen Stückzahl. Stattdessen verfolge ich einen wirkungsorientierten Ansatz. Ich zeige Ihnen, wie Sie die Spreu vom Weizen trennen, die richtigen Fragen stellen und Projekte identifizieren, die nicht nur Bäume in die Erde bringen, sondern langfristig stabile und artenreiche Ökosysteme schaffen. Ihr Beitrag kann einen echten Unterschied machen – wenn Sie wissen, worauf Sie achten müssen.

In den folgenden Abschnitten analysieren wir die Fallstricke bei Baumspenden, vergleichen konkrete Handlungsmöglichkeiten und geben Ihnen eine praxiserprobte Checkliste an die Hand. So stellen Sie sicher, dass Ihr Engagement für unsere Wälder die bestmögliche Wirkung entfaltet.

Warum Ihre gespendeten Bäume oft nicht überleben – und welche Projekte es besser machen?

Die Realität vieler Aufforstungsprojekte ist ernüchternd. Die Motivation zu spenden ist hoch, doch die Enttäuschung folgt oft, wenn man genauer hinsieht. Die Wahrheit ist: Ein großer Teil der gepflanzten Bäume erreicht niemals das Erwachsenenalter. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber fast immer auf eine mangelnde Wirkungsorientierung und kurzfristiges Denken zurückzuführen. In Deutschland ist die Lage dramatisch: Satellitendaten zeigen, dass zwischen 2017 und 2024 fast 900.000 Hektar Waldfläche verloren gingen. Ein Hauptgrund für das Scheitern von Wiederaufforstungsversuchen ist die Anlage von Monokulturen, wie die Fichtenwälder, die dem Borkenkäfer und der Trockenheit zum Opfer fallen.

Das Problem liegt oft im System. Viele Projekte konzentrieren sich auf die reine Pflanz-Aktion, weil sie sich gut vermarkten lässt. Die langfristige Pflege, die Wässerung in Trockenperioden und der Schutz vor Wildverbiss werden in der Kalkulation vernachlässigt. Studien zeigen, dass in manchen Regionen die Überlebensrate erschreckend niedrig ist. So wird berichtet, dass teilweise lediglich 0,5 % der gesetzten Bäume in unvorbereiteten, entwaldeten Gebieten überleben. Das bedeutet, von 200 gespendeten Bäumen wächst im schlimmsten Fall nur ein einziger heran.

Erfolgreiche Projekte machen es grundlegend anders. Sie beginnen nicht mit dem Spaten, sondern mit einer Analyse. Sie folgen dem Prinzip der Standortgerechtigkeit. Das bedeutet: Sie stellen Wälder nur dort wieder her, wo historisch Wälder standen, und wählen ausschließlich Baumarten, die an die lokalen Boden- und Klimabedingungen angepasst sind. Anstatt schnell wachsender, aber anfälliger Nadelbaum-Monokulturen setzen sie auf klimaresiliente Mischwälder, die langfristig ein stabiles Ökosystem bilden. Diese Projekte sind in der Regel teurer, aber ihre Wirkung ist ungleich höher. Sie investieren nicht in Setzlinge, sondern in die Zukunft eines Waldes.

Welcher Aufforstungsorganisation sollten Sie spenden – und welche versprechen zu viel?

Die Auswahl der richtigen Organisation ist der entscheidende Schritt, um die Wirkung Ihrer Spende zu maximieren. Der Markt ist unübersichtlich, und viele Anbieter locken mit Versprechen, die einer kritischen Prüfung nicht standhalten. Das prominenteste Beispiel ist das „1-Euro-pro-Baum“-Modell. Aus der Perspektive der Projektkalkulation ist dieses Angebot oft unseriös. Ein Experte von Forestbook.info rechnet vor:

Der durchschnittliche Preis einer Pflanze liegt je nach Baumart bei etwa einem Euro. Will man nun 1 ha Fichte aufforsten mit einer Stammzahl von 2.500 Stück, so sind damit schon Fixkosten von 2.500 Euro angefallen, noch ohne Kosten für den Transport und die Pflanzung. Laubholzaufforstungen kommen noch teurer.

– Forestbook.info, Analyse der wahren Aufforstungskosten

Diese Kalkulation macht deutlich: Ein Euro deckt oft nur den Setzling selbst. Die entscheidenden Kosten für die fachgerechte Pflanzung, den Schutz vor Wild und vor allem die Pflege in den ersten drei bis fünf Jahren (Anwuchspflege) bleiben unberücksichtigt. Seriöse Organisationen kalkulieren daher mit mindestens 5 bis 10 Euro pro Baum in Deutschland, um eine hohe Überlebensrate zu gewährleisten.

Ein weiteres Warnsignal sind fehlende Projekttransparenz und vage Ortsangaben. Wenn eine Organisation nicht klar kommuniziert, wo genau (mit GPS-Koordinaten) und welche Arten gepflanzt werden, ist Vorsicht geboten. Gute Anbieter garantieren zudem den Ersatz von Ausfällen ab einer bestimmten Quote (z.B. 10%) und bieten Monitoring-Berichte an. In Deutschland gibt es eine Reihe von etablierten und transparenten Akteuren, die sich auf nachhaltige Waldprojekte spezialisiert haben.

Der folgende Überblick zeigt einige vertrauenswürdige Organisationen in Deutschland, die auf unterschiedliche Weise zur Wiederaufforstung beitragen und sich durch ihre Transparenz und ihren nachhaltigen Ansatz auszeichnen.

Vergleich deutscher Aufforstungsorganisationen
Organisation Besonderheit Transparenz
Deutschland Forstet Auf Vernetzungsplattform für lokale Pflanzaktionen Gemeinnützig, ehrenamtlich
Bergwaldprojekt Arbeitseinsätze seit 1987 Unabhängiger Verein
Stiftung Unternehmen Wald 6€ pro Baum, nur heimische Arten Garantie: Ausfälle ab 10% werden ersetzt

Bäume pflanzen, spenden oder Patenschaft: Was passt zu Ihren Möglichkeiten?

Wenn Sie sich für eine wirkungsvolle Unterstützung entschieden haben, stellt sich die Frage nach dem „Wie“. Es gibt verschiedene Wege, sich zu engagieren, die sich in Bezug auf finanziellen Aufwand, persönlichen Einsatz und Art der Wirkung unterscheiden. Es gibt nicht den einen richtigen Weg – die beste Option hängt von Ihren individuellen Möglichkeiten und Zielen ab.

Dieser Überblick stellt die gängigsten Modelle in Deutschland vor:

  • Persönliche Teilnahme an Pflanzaktionen: Für alle, die selbst Hand anlegen wollen. Organisationen wie das Bergwaldprojekt bieten einwöchige Arbeitseinsätze in ganz Deutschland an, bei denen Freiwillige unter fachkundiger Anleitung Wälder pflegen und aufforsten. Lokale Aktionen finden sich oft über Plattformen wie Deutschland-Forstet-Auf.de. Der Vorteil: Sie sehen direkt, was mit Ihrem Einsatz bewirkt wird und lernen viel über das Ökosystem Wald.
  • Geldspende für Pflanzungen: Dies ist der klassische Weg. Sie finanzieren die Pflanzung und Pflege von Bäumen durch eine Organisation. Wie bereits diskutiert, ist hier die Auswahl des Partners entscheidend. Rechnen Sie mit Kosten von mindestens 5 € pro Baum für ein nachhaltiges Projekt in Deutschland, wie die gemeinnützige Organisation Aktion Baum betont.
  • Baumpatenschaft: Hier geht es oft nicht um Neupflanzung, sondern um den Erhalt wertvoller, alter Bäume. Der NABU bietet beispielsweise Patenschaften für Biotopbäume an (ca. 250 € einmalig), die dann bis zu ihrem natürlichen Ende geschützt werden. Dies ist ein extrem wichtiger Beitrag zur Artenvielfalt, da alte Bäume Lebensraum für unzählige Arten bieten.
  • Waldflächenspende: Die wirkungsvollste, aber auch teuerste Variante. Organisationen wie der BUND oder der NABU kaufen mit Spendengeldern Waldflächen, um sie dauerhaft zu schützen und naturnah zu entwickeln. Hier geht es um den Schutz ganzer Ökosysteme.

Die Entscheidung hängt von Ihren Prioritäten ab. Wollen Sie ein direktes, haptisches Erlebnis? Dann ist ein Arbeitseinsatz ideal. Möchten Sie mit einem festen Betrag maximale Sicherheit für den Erhalt eines wertvollen Lebensraums schaffen? Dann könnte eine Baumpatenschaft das Richtige sein. Wollen Sie flexibel einen Beitrag zur Neuentstehung von Wäldern leisten? Dann ist die gezielte Spende an ein transparentes Projekt der passende Weg.

Freiwillige bei lokaler Baumpflanzaktion in deutschem Mischwald

Jede dieser Optionen hat ihre Berechtigung und trägt auf ihre Weise zum Waldschutz bei. Wichtig ist, eine bewusste Entscheidung zu treffen, die zu den eigenen Vorstellungen von wirkungsvollem Engagement passt.

Baumplantage ist nicht gleich Wald: Warum manche Projekte der Natur schaden?

Ein weit verbreitetes Missverständnis ist die Gleichsetzung von Aufforstung mit der Schaffung eines Waldes. In Wahrheit sind viele großflächige Pflanzprojekte nichts weiter als Baumplantagen – Monokulturen, die zwar auf dem Papier die Waldfläche vergrößern, aber ökologisch wenig wertvoll oder sogar schädlich sein können. Ein echter, gesunder Wald ist ein komplexes Ökosystem aus verschiedensten Baumarten, Sträuchern, Kräutern, Pilzen und Tieren. Eine Plantage aus nur einer Baumart, oft schnellwachsend und nicht heimisch, kann dieses Ziel nicht erreichen.

Diese Projekte scheitern oft am Prinzip der Standortgerechtigkeit. Sie ignorieren die ursprüngliche Vegetation und die lokalen Gegebenheiten. Das kann gravierende Folgen haben. Ein dramatisches Beispiel ist das weltweit größte Aufforstungsprogramm auf dem Lössplateau in Nordchina. Dort wurden in großem Stil Robinien gepflanzt, um die Bodenerosion zu stoppen. Das Ziel wurde zwar erreicht, doch es kam zu einem unerwarteten Nebeneffekt: Die Bäume verbrauchten durch erhöhte Verdunstung so viel Wasser, dass der Grundwasserspiegel sank und es lokal zu starker Wasserknappheit kam. Das Projekt löste ein Problem, schuf aber ein neues, ebenso gravierendes.

Solche Fälle zeigen, dass ein rein auf CO₂-Bindung oder Holzwachstum ausgerichteter Ansatz zu kurz greift. Er ignoriert die komplexen Wechselwirkungen im Ökosystem-Ansatz. In Deutschland ist das klassische Beispiel die Fichtenmonokultur. Sie wurde über Jahrzehnte als schneller Holzlieferant gefördert, erweist sich nun aber als extrem anfällig für Stürme, Trockenheit und den Borkenkäfer. Die Wiederaufforstung dieser Flächen mit der gleichen Methode wäre ein fataler Fehler. Deshalb betont auch die Europäische Kommission, dass die Vermeidung von Entwaldung stets Vorrang hat, da Aufforstung den Verlust an Biodiversität und Bodengesundheit niemals vollständig kompensieren kann.

Wie Sie prüfen, ob Ihre gespendeten Bäume wirklich gepflanzt wurden und wachsen?

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Dieses Sprichwort gilt insbesondere für Baumspenden. Als Spender haben Sie nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, die Wirksamkeit Ihres Beitrags zu hinterfragen. Echte Projekttransparenz ist das wichtigste Kriterium, um eine seriöse von einer fragwürdigen Organisation zu unterscheiden. Doch wie sieht diese Transparenz in der Praxis aus? Es geht darum, konkrete und nachprüfbare Informationen einzufordern.

Ein erster Indikator ist die Zusammenarbeit mit etablierten Partnern. Arbeitet die Organisation mit lokalen Forstämtern, zertifizierten Forstbetrieben oder anerkannten Naturschutzverbänden zusammen? Dies ist ein Zeichen für fachliche Kompetenz. Ein weiterer entscheidender Punkt ist die geografische Genauigkeit. Vage Versprechen wie „Wir pflanzen in Deutschland“ reichen nicht aus. Fordern Sie die genauen GPS-Koordinaten der Pflanzflächen an. Seriöse Anbieter stellen diese oft auf einer interaktiven Karte auf ihrer Webseite zur Verfügung.

Der wichtigste Aspekt ist jedoch das langfristige Monitoring. Eine Pflanzaktion ist nur der erste Schritt. Was in den Jahren danach passiert, entscheidet über den Erfolg. Fragen Sie gezielt nach Monitoring-Berichten, die Auskunft über die Überlebensrate der Setzlinge nach drei und idealerweise fünf Jahren geben. Eine gute Organisation kann diese Daten liefern und garantiert oft sogar, hohe Ausfälle zu ersetzen. Achten Sie zudem auf offizielle Nachweise wie einen Gemeinnützigkeitsstatus (ersichtlich durch einen Freistellungsbescheid des Finanzamts) oder unabhängige Zertifizierungen. Diese Instrumente geben Ihnen die Sicherheit, dass Ihre Spende nicht nur ankommt, sondern auch nachhaltig wirkt.

Ihre Checkliste für wirkungsvolle Projekte: Die entscheidenden Punkte zur Überprüfung

  1. Zusammenarbeit prüfen: Kooperiert die Organisation mit seriösen Forstpartnern und lokalen Behörden?
  2. Standort erfragen: Werden genaue GPS-Koordinaten der Pflanzflächen transparent kommuniziert?
  3. Monitoring einfordern: Gibt es regelmäßige Berichte mit nachvollziehbaren Überlebensraten der Bäume nach 3-5 Jahren?
  4. Garantien checken: Wird ein Ersatz für Ausfälle ab einer bestimmten Quote (z. B. über 10 %) zugesichert?
  5. Zertifikate und Nachweise: Liegt ein anerkannter Gemeinnützigkeitsnachweis oder eine unabhängige Zertifizierung vor?

Warum Ihr Garten mehr für die Artenvielfalt tut als eine 50 € Spende an den WWF?

Diese Aussage mag provokant klingen, doch sie enthält einen wahren Kern, der zum Nachdenken anregt. Während Spenden an große, international tätige Organisationen zweifellos wichtig sind, um globale Probleme anzugehen, ist ihre Wirkung für den einzelnen Spender oft abstrakt und schwer nachvollziehbar. Im Gegensatz dazu ist der ökologische Nutzen, den Sie in Ihrem eigenen Garten oder sogar auf Ihrem Balkon schaffen können, direkt, messbar und garantiert. Hier geht es weniger um CO₂-Bindung, sondern um einen der drängendsten Aspekte des Naturschutzes: die Förderung der lokalen Biodiversität.

Ein naturnah gestalteter Garten ist ein Trittsteinbiotop, eine Oase für unzählige Insekten, Vögel und Kleintiere in einer ansonsten oft artenarmen Agrar- und Siedlungslandschaft. Der größte Hebel liegt hierbei in der Pflanzung von heimischen Wildsträuchern. Anders als viele Zierpflanzen sind Arten wie Schlehe, Weißdorn, Holunder oder Felsenbirne perfekt an die heimische Tierwelt angepasst. Sie bieten Nektar und Pollen für Wildbienen, Futter für Schmetterlingsraupen und im Herbst Beeren für Vögel. Ein dichter Strauch bietet zudem Nistmöglichkeiten und Schutz für bodenbrütende Vögel.

Der direkte Vergleich macht es deutlich: Für 50 Euro können Sie vielleicht 5 bis 10 Bäume in einem weit entfernten Projekt finanzieren, dessen Überleben ungewiss ist. Für das gleiche Geld können Sie in Ihrem Garten mehrere heimische Sträucher pflanzen, die über Jahrzehnte hinweg hunderten von Arten Nahrung und Lebensraum bieten. Sie schaffen ein kleines, aber funktionierendes Ökosystem direkt vor Ihrer Haustür. Lokale Initiativen wie das Projekt „Bielefelder Patenbäume“ vom NABU zeigen zudem, wie wertvoll der Erhalt einzelner alter Bäume für die Artenvielfalt ist – ein Prinzip, das sich im Kleinen auch im eigenen Garten umsetzen lässt, indem man alte Obstbäume erhält statt sie zu fällen.

Makroaufnahme heimischer Insekten auf Weißdornblüten

Die Entscheidung ist also nicht „entweder/oder“, sondern „sowohl/als auch“. Globale Projekte sind nötig, aber die konkrete, sichere und ungemein befriedigende Wirkung im eigenen Umfeld sollte nicht unterschätzt werden. Es ist die direkteste Form des wirkungsorientierten Naturschutzes.

Bäume pflanzen oder Flüge vermeiden: Was hilft dem Klima wirklich mehr?

Die Idee, den eigenen CO₂-Fußabdruck durch das Pflanzen von Bäumen zu kompensieren, ist populär und verlockend. Sie suggeriert, dass wir unseren Lebensstil nicht ändern müssen, solange wir an anderer Stelle für einen Ausgleich sorgen. Doch diese Rechnung ist zu einfach und in vielerlei Hinsicht irreführend. Als Projektberater muss ich klar sagen: Der wirksamste Klimaschutz ist immer die Vermeidung von Emissionen, nicht deren nachträgliche Kompensation.

Ein neu gepflanzter Baum benötigt Jahrzehnte, um eine nennenswerte Menge CO₂ zu binden. Ein Flug von Berlin nach New York und zurück verursacht pro Person etwa 2-3 Tonnen CO₂. Um diese Menge zu binden, müsste ein Buchenwald von der Größe eines halben Fußballfeldes ein ganzes Jahr lang wachsen. Die Speicherleistung deutscher Wälder ist zwar beachtlich, aber sie ist kein Freifahrtschein. Das Umweltbundesamt gibt an, dass Wälder bei durchschnittlichem Zuwachs etwa 18 Tonnen CO₂-Äquivalente pro Hektar und Jahr binden. Das zeigt: Wir bräuchten riesige Flächen, um allein die Emissionen des Flugverkehrs zu kompensieren.

Das Online-Magazin Utopia.de bringt das Dilemma auf den Punkt und warnt vor einem gefährlichen Trugschluss:

Der Gedanke, einen Flug mit Bäumen auszugleichen, ist so verlockend wie gefährlich. Besser als jeder Flug, den wir kompensieren, ist jeder Flug, den wir nicht machen. Besser als jeder Baum, den wir neu pflanzen, ist jeder Baum, den wir erhalten.

– Utopia.de, Analyse zu Baumpflanzprojekten fürs Klima

Diese Aussage unterstreicht eine klare Prioritätenordnung im Klimaschutz: An erster Stelle steht die Reduktion (z.B. Flüge vermeiden). An zweiter Stelle steht der Schutz bestehender Ökosysteme (z.B. alte Wälder und Moore erhalten), da diese bereits riesige Mengen Kohlenstoff speichern. Erst an dritter Stelle kommt die Wiederherstellung, also das Pflanzen neuer Bäume. Aufforstung ist ein wichtiges, aber ergänzendes Instrument – kein Allheilmittel und schon gar kein Ablasshandel für umweltschädliches Verhalten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Wirkung vor Menge: Konzentrieren Sie sich auf die Überlebensrate und den ökologischen Nutzen, nicht auf die reine Stückzahl gepflanzter Bäume.
  • Kosten realistisch einschätzen: Seriöse Projekte in Deutschland kosten mindestens 5-10 € pro Baum, um die langfristige Pflege sicherzustellen. „1-Euro-pro-Baum“-Angebote sind ein Warnsignal.
  • Transparenz einfordern: Wählen Sie Organisationen, die GPS-Koordinaten, Monitoring-Berichte und eine Ersatzgarantie bei Ausfällen bieten.

Wie Sie Kindern Umweltbewusstsein beibringen, ohne zu moralisieren oder zu überfordern

Die nächste Generation für den Schutz unserer Umwelt zu sensibilisieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben. Doch der Grat ist schmal: Zu viel Moralisieren und apokalyptische Szenarien können bei Kindern Ängste und ein Gefühl der Ohnmacht auslösen. Der Schlüssel zu einem gesunden Umweltbewusstsein liegt nicht in der Vermittlung von Schuld, sondern in der Förderung einer positiven, emotionalen Verbindung zur Natur. Es geht darum, Faszination zu wecken und Selbstwirksamkeit zu ermöglichen.

Der direkteste Weg hierfür sind praktische Naturerfahrungen. Anstatt über das Waldsterben zu referieren, organisieren Sie einen Waldspaziergang als Detektivspiel: Wer findet die meisten Tierspuren? Welche verschiedenen Blätter gibt es? Gemeinsames Erleben schafft eine viel tiefere und nachhaltigere Bindung als jeder Vortrag. Das gemeinsame Pflanzen eines Baumes im Garten oder einer Schmetterlingsfutterpflanze auf dem Balkon macht den Kreislauf des Lebens direkt erfahrbar. Kinder lernen, dass sie selbst einen positiven Beitrag leisten können.

Strukturierte Programme können diese Erfahrungen vertiefen. Ein hervorragendes Beispiel aus Deutschland sind die Waldschulwochen des Bergwaldprojekts. Hier verbringen ganze Schulklassen eine Woche im Wald und arbeiten unter Anleitung von Förstern an konkreten Projekten. Sie erleben den Wald als Arbeits- und Lebensraum und verstehen seine Bedeutung auf einer ganz praktischen Ebene. Auch lokale Initiativen wie Junior-Ranger-Programme in Nationalparks oder das gemeinsame Bauen eines Insektenhotels im Rahmen eines Schul- oder Vereinsprojekts sind ideale Wege, um Wissen und Begeisterung zu vermitteln. Der Fokus liegt immer auf dem positiven, gestaltenden Handeln, nicht auf dem drohenden Verlust.

Dieser Ansatz befähigt Kinder, anstatt sie zu belasten. Er lehrt sie, die Natur zu lieben und zu respektieren, und gibt ihnen das Gefühl, Teil der Lösung zu sein. Ein Kind, das einmal selbst einen Baum gepflanzt und dessen Wachstum über Jahre begleitet hat, entwickelt ein tiefes Verständnis für die Langfristigkeit und den Wert von Naturschutz – ganz ohne erhobenen Zeigefinger.

Indem wir Kindern positive und handlungsorientierte Erfahrungen ermöglichen, legen wir den Grundstein für eine engagierte Generation. Es ist entscheidend zu verstehen, wie dieser positive Ansatz in der Praxis funktioniert.

Beginnen Sie noch heute damit, nicht nur Bäume, sondern wirkungsvolle, zukunftsfähige Wälder zu fördern. Ihre kritische Auswahl und Ihr bewusstes Engagement machen den entscheidenden Unterschied für die Natur von morgen.