Veröffentlicht am April 11, 2024

Zusammenfassend:

  • Ein 30-Jahres-Kredit ist weniger eine Zinsfrage als vielmehr ein langfristiges Risikomanagement-Projekt.
  • Eine anfängliche Tilgungsrate von unter 2 % ist der häufigste Fehler, der die Laufzeit unnötig auf über 40 Jahre verlängert und die Zinskosten verdoppelt.
  • Der Schlüssel liegt im Aufbau eines „finanziellen Immunsystems“ aus Versicherungen, Rücklagen und flexiblen Vertragsoptionen, um gegen Jobverlust, Krankheit und Zinsänderungen gewappnet zu sein.
  • Die strategische Planung der Anschlussfinanzierung muss mindestens drei Jahre vor Ablauf der ersten Zinsbindung beginnen, um teure Notlösungen zu vermeiden.

Die Entscheidung für einen 30-jährigen Immobilienkredit ist eine der größten finanziellen Weichenstellungen im Leben. Sie sichert nicht nur das Dach über dem Kopf für die kommenden Jahrzehnte, sondern definiert auch maßgeblich die finanzielle Flexibilität und Sicherheit Ihrer Familie. Viele angehende Kreditnehmer konzentrieren sich dabei fast ausschließlich auf die Jagd nach dem niedrigsten Zinssatz. Sie vergleichen Angebote auf die zweite Nachkommastelle, in dem Glauben, dort liege der Schlüssel zu einer erfolgreichen Finanzierung. Dies ist ein verständlicher, aber gefährlicher Trugschluss.

Die gängigen Ratschläge – „wählen Sie eine hohe Tilgung“ oder „planen Sie Puffer ein“ – bleiben oft an der Oberfläche. Sie behandeln Symptome, aber nicht die eigentliche Herausforderung. Ein Kredit über drei Jahrzehnte ist kein Sprint, bei dem es nur um die schnellste Tilgung geht. Es ist ein Marathon des Risikomanagements. Die wahre Kunst besteht nicht darin, den besten Startzins zu finden, sondern eine Finanzierungsarchitektur zu errichten, die robust genug ist, um den unvermeidlichen Stürmen des Lebens standzuhalten: Jobverlust, Krankheit, familiäre Veränderungen oder Phasen steigender Zinsen.

Doch was, wenn der Kern einer sicheren Langfristfinanzierung nicht die monatliche Rate, sondern die eingebaute Widerstandsfähigkeit ist? Dieser Artikel bricht mit der reinen Zinsfokussierung und stellt ein neues Paradigma in den Mittelpunkt: den Aufbau eines finanziellen Immunsystems für Ihren Kredit. Wir werden die Risiken nicht nur benennen, sondern Ihnen eine klare, strukturierte Strategie an die Hand geben, wie Sie von Tag eins an die richtigen Weichen für eine sorgenfreie Abzahlung stellen und typische, teure Fehler vermeiden.

Bevor wir in die Strukturierung des Kredits eintauchen, ist die Frage des Eigenkapitals entscheidend. Für diejenigen, die diesen grundlegenden ersten Schritt planen, bietet das folgende Video eine ausgezeichnete Zusammenfassung, wie viel Eigenkapital beim Immobilienkauf in Deutschland wirklich notwendig ist.

Um Ihnen eine klare Orientierung durch diesen komplexen Prozess zu geben, haben wir diesen Leitfaden in logische Abschnitte unterteilt. Jeder Teil befasst sich mit einem kritischen Aspekt Ihrer langfristigen Finanzierungsstrategie und bietet konkrete, planungsorientierte Ratschläge.

Warum 1% Tilgung bedeutet, dass Sie 45 Jahre lang zahlen – und was Sie stattdessen tun sollten?

Zu Beginn einer Baufinanzierung erscheint eine niedrige Tilgungsrate von nur 1 % oft verlockend. Sie verspricht eine geringe monatliche Belastung und lässt mehr finanziellen Spielraum für andere Ausgaben. Doch diese kurzfristige Erleichterung entpuppt sich langfristig als eine der teuersten Fallen für Kreditnehmer. Das Kernproblem, das oft übersehen wird, ist das Tilgungs-Dilemma: Was Sie monatlich sparen, zahlen Sie über die Jahre in Form von Zinsen mehrfach zurück. Bei einer Tilgung von nur 1 % fließt der Großteil Ihrer Rate direkt an die Bank, während der eigentliche Schuldenberg nur im Schneckentempo schrumpft.

Die Konsequenzen sind dramatisch: Die Gesamtlaufzeit des Kredits verlängert sich von realistischen 25-30 Jahren auf 40, 45 oder sogar mehr Jahre. Das bedeutet, dass Sie weit bis ins Rentenalter hinein an Ihre Finanzierung gebunden sind. Gleichzeitig explodieren die Gesamtzinskosten. Eine Verdopplung der Zinslast über die gesamte Laufzeit ist keine Seltenheit. Als vorsichtiger Planer müssen Sie daher eine Tilgungsrate von mindestens 2 %, idealerweise 3 % anstreben. Dies ist der effektivste Hebel, um die Laufzeit zu verkürzen und die Zinskosten drastisch zu senken.

Der folgende Vergleich für ein Darlehen über 250.000 € verdeutlicht den gewaltigen Unterschied. Die Daten basieren auf einer aktuellen Analyse der Tilgungsraten-Auswirkungen und zeigen, wie eine höhere Tilgung Ihre finanzielle Zukunft positiv beeinflusst.

Vergleich 1% vs 3% Tilgung bei 250.000€ Darlehen
Tilgungssatz Laufzeit Gesamtzinskosten Monatliche Rate
1% Tilgung ca. 40 Jahre ca. 190.000€ ca. 730€
3% Tilgung ca. 21 Jahre ca. 95.000€ ca. 1.145€
Ersparnis 19 Jahre weniger 95.000€ gespart +415€/Monat

Flexibilität ist dennoch wichtig. Eine gute Finanzierung sollte Optionen für einen Tilgungssatzwechsel enthalten. Viele Banken ermöglichen es, die Rate während der Laufzeit ein- oder zweimal anzupassen. So können Sie bei einer Gehaltserhöhung die Tilgung steigern oder in einer finanziell angespannten Phase vorübergehend reduzieren, ohne den langfristigen Plan aus den Augen zu verlieren. Diese Option muss jedoch von Anfang an im Vertrag verankert sein.

Wie Sie sich in 6 Schritten gegen Jobverlust, Krankheit und Zinsänderung absichern?

Eine 30-jährige Finanzierung ist unweigerlich den Wechselfällen des Lebens ausgesetzt. Die Annahme, dass Einkommen und Gesundheit über drei Jahrzehnte stabil bleiben, ist optimistisch, aber nicht realistisch. Ein strategisch denkender Kreditnehmer plant nicht nur für den besten, sondern auch für den wahrscheinlichsten Fall – und dazu gehören auch Rückschläge. Der Aufbau eines robusten finanziellen Immunsystems ist daher keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Es besteht aus mehreren Schutzschichten, die im Ernstfall ineinandergreifen und den Verlust der Immobilie verhindern.

Die erste Verteidigungslinie ist die Absicherung gegen die größten existenziellen Risiken: Tod, Berufsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Eine Risikolebensversicherung in Höhe der Restschuld ist unerlässlich, um die Hinterbliebenen zu schützen. Für jeden, dessen Arbeitskraft das Fundament des Einkommens ist, ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) von ebenso entscheidender Bedeutung. Sie springt ein, wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen Ihren Beruf nicht mehr ausüben können. Gegen kurzfristige Einkommensausfälle durch Arbeitslosigkeit oder längere Krankheit hilft ein finanzieller Risiko-Puffer. Eine eiserne Reserve von drei bis sechs Monatsraten (nicht Monatsgehältern!) auf einem Tagesgeldkonto verschafft Ihnen die nötige Zeit, um sich neu zu orientieren, ohne sofort in Panik zu geraten.

Symbolische Darstellung der finanziellen Absicherungsstrategie für Immobilienkreditnehmer

Diese Schutzmechanismen sind keine reinen Kostenfaktoren, sondern eine Investition in die Stabilität Ihres Lebensprojekts. Sie ermöglichen es Ihnen, auch in Krisenzeiten souverän zu handeln und die Kontrolle zu behalten. Der folgende 6-Schritte-Plan fasst die wesentlichen Bausteine für Ihre persönliche Absicherungsstrategie zusammen.

Ihr 6-Schritte-Absicherungsplan

  1. Finanzbedarf realistisch berechnen: Nutzen Sie einen Haushaltsrechner, um alle Einnahmen und Ausgaben exakt zu erfassen und die maximale tragbare Rate zu ermitteln.
  2. Staatliche Leistungen prüfen: Kalkulieren Sie die Höhe von Arbeitslosengeld I und Krankengeld, um die tatsächliche Einkommenslücke im Ernstfall zu kennen.
  3. Risikolebensversicherung abschließen: Sichern Sie mindestens die Darlehenssumme ab, um Ihre Familie im Todesfall zu schützen.
  4. Berufsunfähigkeitsversicherung prüfen: Besonders bei körperlich anspruchsvollen Berufen oder als Hauptverdiener ist diese Versicherung essenziell.
  5. Notgroschen aufbauen: Legen Sie einen Puffer von 3 bis 6 Monatsraten (Kreditrate + Nebenkosten) auf einem separaten Konto an.
  6. Flexible Vertragsoptionen sichern: Vereinbaren Sie von Anfang an Möglichkeiten zur Tilgungssatzanpassung und für Sondertilgungen.

Fest oder variabel: Welche Zinsbindung schützt Sie bei steigenden Zinsen am besten?

Die Wahl der Zinsbindung ist die zentrale strategische Entscheidung gegen das größte externe Risiko einer Langfristfinanzierung: steigende Zinsen. Während variable Zinsen in Niedrigzinsphasen verlockend wirken können, bergen sie für eine auf 30 Jahre angelegte Immobilienfinanzierung ein unkalkulierbares Risiko. Für Kreditnehmer, deren oberste Priorität Planungssicherheit ist, gibt es daher nur eine vernünftige Antwort: eine möglichst lange Zinsfestschreibung. Ein Zins-Anker von 15, 20 oder sogar 30 Jahren schafft ein stabiles Fundament für Ihre Finanzplanung.

Eine lange Zinsbindung schützt Sie vor dem Zinsänderungsrisiko. Sie wissen auf den Cent genau, wie hoch Ihre monatliche Rate in 10 oder 15 Jahren sein wird, unabhängig von den Turbulenzen an den Finanzmärkten. Diese Berechenbarkeit ist Gold wert und ermöglicht eine solide Lebens- und Finanzplanung. Der geringe Zinsaufschlag, den Banken für längere Festschreibungen verlangen, ist quasi die Versicherungsprämie gegen unliebsame Überraschungen bei der Anschlussfinanzierung. In einem Marktumfeld, in dem Zinssprünge von 2-3 % innerhalb kurzer Zeit möglich sind, kann sich eine Anschlussfinanzierung zu deutlich höheren Konditionen als Sprengsatz für das Haushaltsbudget erweisen. So beträgt die monatliche Rate für 300.000 Euro ungefähr 1.520 Euro bei einem Zinssatz von 4,5 % – ein Wert, der schnell erreicht ist, wenn die Zinsbindung in einer Hochzinsphase ausläuft.

Die Sorge, sich durch eine lange Bindung unflexibel zu machen, ist in Deutschland zu einem großen Teil unbegründet. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) räumt Kreditnehmern mit dem § 489 BGB ein Sonderkündigungsrecht ein. Nach 10 Jahren Laufzeit können Sie jeden Darlehensvertrag mit einer Frist von sechs Monaten kündigen, um beispielsweise zu einem günstigeren Anbieter zu wechseln – ganz ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Diese Regelung gibt Ihnen das Beste aus beiden Welten: die Sicherheit einer langen Zinsbindung und die Flexibilität, nach einem Jahrzehnt auf veränderte Marktbedingungen reagieren zu können.

Eine Baufinanzierung über 30 Jahre lohnt sich für alle, die gerne auf Nummer sicher gehen und nicht alle fünf oder zehn Jahre neu verhandeln möchten.

– Wohnglück Redaktion, Wohnglück Baufinanzierungsratgeber

Der teure Fehler nach 10 Jahren: Warum Sie Anschlussfinanzierung früh planen müssen?

Viele Immobilienbesitzer atmen nach dem Abschluss ihrer Erstfinanzierung auf und wiegen sich für die nächsten 10 oder 15 Jahre in Sicherheit. Die Anschlussfinanzierung, also der neue Kreditvertrag für die dann noch offene Restschuld, wird als fernes Problem betrachtet. Genau diese Haltung führt jedoch zu einem der teuersten Fehler im Leben eines Kreditnehmers. Wer die Planung der Anschlussfinanzierung auf die letzten Monate vor Ablauf der Zinsbindung verschiebt, gerät unter enormen Zeitdruck und ist den Konditionen seiner Hausbank oft hilflos ausgeliefert. Ein schlechter Anschlusszins kann die finanzielle Ersparnis der gesamten ersten Dekade zunichtemachen.

Vorausschauende Planung ist der Schlüssel. Der Prozess sollte mindestens drei Jahre vor dem Ende der Sollzinsbindung beginnen. Dieser lange Vorlauf ermöglicht es Ihnen, den Zinsmarkt in Ruhe zu beobachten, verschiedene Szenarien durchzuspielen und das beste Angebot ohne Druck auszuwählen. Ein mächtiges Instrument in diesem Kontext ist das sogenannte Forward-Darlehen. Damit können Sie sich das aktuelle Zinsniveau für eine Anschlussfinanzierung sichern, die erst in bis zu drei Jahren benötigt wird. Erwarten Sie steigende Zinsen, „frieren“ Sie die heutigen, günstigeren Konditionen für die Zukunft ein. Banken verlangen dafür einen moderaten Zinsaufschlag, der jedoch meist deutlich geringer ist als das Risiko eines stark gestiegenen Marktzinses zum Zeitpunkt der Umschuldung.

Die frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema hat einen weiteren psychologischen Vorteil: Sie behalten die Kontrolle. Sie agieren aus einer Position der Stärke, können Angebote vergleichen und sind ein ernstzunehmender Verhandlungspartner für Ihre eigene und für andere Banken. Wer zu spät kommt, den bestraft nicht nur das Leben, sondern vor allem der Zins.

Ihr Aktionsplan: Anschlussfinanzierung strategisch vorbereiten

  1. Marktbeobachtung (36 Monate vorher): Beginnen Sie, die Zinsentwicklung aktiv zu verfolgen und in einem einfachen Protokoll zu dokumentieren, um ein Gefühl für Trends zu bekommen.
  2. Angebote einholen (24 Monate vorher): Holen Sie unverbindlich erste Angebote für Forward-Darlehen ein, um die aktuellen Aufschläge und Konditionen zu verstehen.
  3. Kassensturz (18 Monate vorher): Überprüfen Sie Ihre aktuelle finanzielle Situation. Gibt es Ersparnisse, die für eine Sondertilgung bei der Umschuldung genutzt werden könnten, um die Restschuld zu senken?
  4. Verhandlungsphase (12 Monate vorher): Starten Sie konkrete Verhandlungen mit Ihrer Hausbank und mindestens zwei weiteren Anbietern. Machen Sie deutlich, dass Sie vergleichen.
  5. Entscheidung & Abschluss (6 Monate vorher): Treffen Sie Ihre finale Entscheidung und unterzeichnen Sie den Vertrag für die Anschlussfinanzierung, um einen nahtlosen Übergang zu gewährleisten.

Kredit schneller abbezahlen oder Geld investieren: Was ist bei 3% Zinsen klüger?

Sobald die Finanzierung sicher strukturiert ist und freies Kapital, etwa durch eine Gehaltserhöhung oder eine Erbschaft, zur Verfügung steht, stellt sich eine fundamentale strategische Frage: Sollte dieses Geld genutzt werden, um den Immobilienkredit durch Sondertilgungen schneller abzubezahlen, oder ist es sinnvoller, es am Kapitalmarkt zu investieren? Eine pauschale Antwort gibt es nicht; die richtige Entscheidung hängt von der Zinshöhe Ihres Kredits und Ihrer persönlichen Risikobereitschaft ab.

Die finanzmathematische Regel ist einfach: Liegt die zu erwartende Nettorendite Ihrer Geldanlage (nach Steuern und Kosten) verlässlich über dem Zinssatz Ihres Darlehens, ist Investieren rentabler. Bei einem Kreditzins von beispielsweise 3 % müssten Sie also eine Anlage finden, die Ihnen sicher mehr als 3 % pro Jahr einbringt. Ein breit gestreutes ETF-Portfolio kann historisch gesehen eine höhere Rendite erzielen, unterliegt aber Marktschwankungen. Eine Sondertilgung hingegen bietet eine garantierte „Rendite“ in Höhe des eingesparten Kreditzinses – risikofrei.

Visuelle Entscheidungsmatrix für Tilgung versus Investition bei Immobilienfinanzierung

Für den sicherheitsorientierten Kreditnehmer, der eine langfristige Verbindlichkeit eingegangen ist, sollte die Priorität klar sein: Zuerst die Schulden reduzieren. Jede Sondertilgung verringert die Restschuld, verkürzt die Laufzeit und senkt die Zinslast. Sie beschleunigt den Weg zur Schuldenfreiheit und schafft Fakten. Das Gefühl, das eigene Haus schneller „abbezahlt“ zu haben, ist ein unschätzbarer psychologischer Gewinn. Erst wenn der Kredit ein überschaubares Niveau erreicht hat und alle Sicherheitspuffer gefüllt sind, kann über den Aufbau eines zusätzlichen Investment-Portfolios nachgedacht werden. Der Grundsatz lautet: Stabilität vor Rendite. Die sicherste Investition ist die in die eigene Schuldenfreiheit.

Warum Sie bei Zinsen über 3,5% mindestens 15 Jahre Zinsbindung wählen sollten?

Die Dauer der Zinsbindung ist ein direkter Hebel zur Steuerung des Zinsänderungsrisikos. In Zeiten historisch niedriger Zinsen mochten kürzere Bindungen von 5 oder 10 Jahren attraktiv erscheinen. Doch sobald das Zinsniveau die Marke von 3,5 % überschreitet, ändert sich die strategische Kalkulation fundamental. In einem solchen Umfeld wird eine lange Zinsbindung von mindestens 15 Jahren zu einem unverzichtbaren Sicherheitsanker für Ihre Finanzierung.

Der Grund dafür ist einfach: Ein höherer Ausgangszins bedeutet, dass der Tilgungsanteil Ihrer Rate anfangs geringer ist und die Restschuld am Ende der Zinsbindungsfrist entsprechend höher ausfällt. Läuft Ihr Vertrag nach 10 Jahren aus und der Marktzins ist in der Zwischenzeit weiter gestiegen, treffen ein hoher neuer Zins und eine hohe Restschuld aufeinander. Diese Kombination kann die neue monatliche Rate schnell unbezahlbar machen. Eine 15- oder 20-jährige Bindung schiebt dieses Risiko weit in die Zukunft und gibt Ihnen fast zwei Jahrzehnte an garantierter Planungssicherheit. Die aktuellen Marktkonditionen zeigen, dass die Zinsaufschläge für längere Laufzeiten moderat sind, was die „Versicherungsprämie“ für diese Sicherheit erschwinglich macht.

Auch hier spielt das gesetzliche Sonderkündigungsrecht nach § 489 BGB eine entscheidende Rolle. Selbst wenn Sie sich für 20 Jahre binden, sind Sie nicht gefangen. Sollten die Zinsen nach 11 oder 12 Jahren wider Erwarten deutlich fallen, können Sie den Vertrag kündigen und zu günstigeren Konditionen umschulden. Diese einseitige Flexibilität zugunsten des Kreditnehmers macht die lange Zinsbindung in Deutschland besonders attraktiv.

Das Kündigungsrecht nach zehn Jahren ist wichtig für die Wahl der richtigen Zinsbindung.

– Finanztip Redaktion, Finanztip Baufinanzierungsratgeber

Warum Immobilien auch bei 4% Zinsen noch die beste Altersvorsorge sind?

Steigende Zinsen und hohe Immobilienpreise führen bei vielen zur Frage, ob sich der Erwerb einer eigenen Immobilie überhaupt noch lohnt. Bei einem Zinssatz von 4 % oder mehr scheint die monatliche Belastung hoch und die Rendite im Vergleich zu Kapitalmarktanlagen geringer. Doch diese rein finanzmathematische Sichtweise greift zu kurz. Eine selbstgenutzte Immobilie ist mehr als nur ein Investment; sie ist der solideste Baustein für eine sorgenfreie Altersvorsorge, gerade in Deutschland.

Der entscheidende Vorteil manifestiert sich im Alter: mietfreies Wohnen. Während Mieter im Ruhestand weiterhin einen erheblichen Teil ihrer Rente für die Miete aufwenden müssen und von Mieterhöhungen betroffen sind, entfällt dieser Posten für den Immobilienbesitzer. Diese eingesparte Miete wirkt wie eine beachtliche Zusatzrente und schafft eine enorme finanzielle Entlastung und Lebensqualität. Über Jahrzehnte hinweg betrachtet, übersteigt dieser Vorteil in der Regel die gezahlten Kreditzinsen bei Weitem. Die Immobilie dient zudem als Inflationsschutz, da Sachwerte tendenziell an Wert gewinnen, während Geldwerte an Kaufkraft verlieren.

Die Finanzierung mag sich über 30 bis 35 Jahre erstrecken, was Ausdauer erfordert. Doch am Ende dieses Marathons steht ein unschätzbarer Wert: ein abbezahltes Zuhause, das Sicherheit, Unabhängigkeit und ein stabiles Fundament für den letzten Lebensabschnitt bietet. Der Kredit ist das notwendige Instrument, um dieses Ziel zu erreichen. Auch bei 4 % Zinsen bleibt die Logik dieselbe: Sie tauschen eine temporäre finanzielle Belastung gegen eine lebenslange finanzielle Sicherheit im Alter. Für den sicherheitsbewussten Planer gibt es kaum eine solidere und verlässlichere Form der Altersvorsorge.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Tilgungsrate von mindestens 2-3 % ist entscheidend, um die Kreditlaufzeit realistisch zu halten und Zinskosten zu minimieren.
  • Ein mehrstufiges Sicherheitssystem aus Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung und einem Notgroschen ist für eine 30-jährige Finanzierung unverzichtbar.
  • Lange Zinsbindungen (15+ Jahre) bieten in einem unsicheren Zinsumfeld die notwendige Planungssicherheit, ohne durch das Sonderkündigungsrecht nach 10 Jahren (§ 489 BGB) an Flexibilität zu verlieren.

Wie Sie mit Rohstoffen Ihr Portfolio gegen Inflation und Krisen absichern

Wenn die Grundpfeiler Ihrer Immobilienfinanzierung – eine solide Tilgung, lange Zinsbindung und ein umfassendes Versicherungspaket – fest stehen, kann der Blick auf weitere Absicherungsstrategien gerichtet werden. In Zeiten von Inflation und geopolitischen Unsicherheiten rücken dabei Rohstoffe, insbesondere Edelmetalle wie Gold, als potenzieller Portfolio-Stabilisator in den Fokus. Für einen Immobilienbesitzer ist dies jedoch ein Thema, das mit äußerster Vorsicht und klaren Prioritäten behandelt werden muss.

Die Hauptregel lautet: Die Absicherung des Hauptvermögens, also der Immobilie, hat immer Vorrang. Das bedeutet, dass Investitionen in Rohstoffe niemals auf Kosten der planmäßigen Tilgung oder notwendiger Rücklagen für Instandhaltung gehen dürfen. Gold kann als kleiner Portfolio-Baustein (üblicherweise werden nicht mehr als 5-10 % des freien Vermögens empfohlen) dienen, um sich gegen extreme Krisenszenarien und Währungsabwertungen abzusichern. Es agiert als eine Art „Versicherung“ für das Finanzsystem selbst. Der Wert von Gold korreliert oft negativ mit den Aktienmärkten, was bedeutet, dass es in Krisenzeiten an Wert gewinnen kann, wenn andere Anlageklassen fallen.

Für Anleger in Deutschland bieten sich steuerlich optimierte Wege an, wie zum Beispiel physisch hinterlegte Gold-ETCs (Exchange Traded Commodities). Diese können nach einer Haltedauer von einem Jahr steuerfrei veräußert werden, was einen erheblichen Vorteil darstellt. Dennoch bleibt es eine spekulative Ergänzung. Eine Rohstoff-Investition ist erst dann eine sinnvolle Überlegung, wenn Sie über ausreichend freies Risikokapital verfügen und Ihre Immobilienfinanzierung sicher auf Kurs ist. Die beste Absicherung gegen Inflation ist und bleibt eine zügig abbezahlte, selbstgenutzte Immobilie.

Um diese Strategien auf Ihre persönliche Situation anzuwenden und eine maßgeschneiderte Finanzierungsarchitektur zu entwerfen, ist eine detaillierte Analyse Ihrer finanziellen Möglichkeiten und Ziele der nächste logische Schritt. Eine professionelle Beratung kann Ihnen dabei helfen, die richtigen Entscheidungen für Ihre Zukunft zu treffen.

Häufig gestellte Fragen zur langfristigen Kreditabsicherung

Sollte ich als Immobilienbesitzer zusätzlich in Gold investieren?

Gold kann als kleine Beimischung (max. 5-10% des Portfolios) sinnvoll sein, sollte aber niemals die Tilgung des Immobilienkredits gefährden.

Sind physisch hinterlegte Gold-ETCs in Deutschland steuerbegünstigt?

Nach einem Jahr Haltedauer können physisch hinterlegte Gold-ETCs steuerfrei verkauft werden, was einen Vorteil gegenüber anderen Rohstoff-Derivaten darstellt.

Wann ist eine Rohstoff-Investition sinnvoller als eine Sondertilgung?

Nur wenn Sie bereits über ausreichend freies Risikokapital verfügen und Ihre Tilgung planmäßig verläuft, können Rohstoffe als Diversifikation erwogen werden.

Geschrieben von Petra Wagner, Petra Wagner ist Immobilienökonomin (ebs) und zertifizierte Investmentberaterin für Wohn- und Gewerbeimmobilien mit 12 Jahren Erfahrung in der Beratung von Kapitalanlegern. Sie begleitet Erst- und Mehrfachinvestoren bei der Auswahl, Finanzierung und Wertsteigerung von Renditeimmobilien in deutschen Ballungsräumen.