Veröffentlicht am März 15, 2024

Der wahre Schutz vor Inflation liegt nicht im pauschalen Kauf von Gold, sondern in einer disziplinierten, krisenspezifischen Rohstoffstrategie, die unter 10 % Ihres Portfolios ausmacht.

  • Rohstoffe besitzen das höchste Inflations-Beta aller Anlageklassen und bieten einen antizyklischen Schutz, wenn Aktien und Anleihen fallen.
  • Die richtige Anlageform ist entscheidend: Physisches Gold und bestimmte ETCs sind in Deutschland nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei.
  • Ein starrer Rohstoffanteil ist ineffizient; der Erfolg liegt im strategischen Timing basierend auf klaren Marktsignalen.

Empfehlung: Entwickeln Sie eine klare Strategie basierend auf Timing-Signalen wie dem Gold/DAX-Ratio, anstatt blind in breit gestreute Rohstoff-ETFs zu investieren.

In Zeiten, in denen die Inflation an der Kaufkraft nagt und geopolitische Krisen die Märkte erschüttern, erleben viele fortgeschrittene Anleger eine beunruhigende Realität: Ihr sorgfältig ausbalanciertes Portfolio aus Aktien und Anleihen verliert auf breiter Front an Wert. Die traditionelle Diversifikation scheint nicht mehr zu greifen, da beide Anlageklassen plötzlich im Gleichschritt fallen. Der reflexartige Griff zu Gold als „sicherem Hafen“ ist verständlich, doch dies ist oft nur ein Teil der Lösung und greift zu kurz.

Die meisten Ratgeber enden bei der pauschalen Empfehlung, dem Portfolio einfach einen Anteil an Rohstoffen beizumischen. Doch wenn die wahre Kunst der Portfolio-Absicherung nicht im „Ob“, sondern im „Wie“ und „Wann“ liegt? Was, wenn der Schlüssel nicht darin besteht, Rohstoffe als statischen Block zu betrachten, sondern als ein dynamisches Instrument, das präzise auf spezifische Krisenszenarien und Inflationsarten abgestimmt werden muss? Die Annahme, jeder Rohstoff schütze gleich gut, ist ein teurer Trugschluss.

Dieser Artikel durchbricht die oberflächlichen Empfehlungen. Er liefert Ihnen eine strategische Blaupause, die auf fundamentalen Marktmechanismen und klaren Timing-Signalen basiert. Wir werden die Gründe für die antizyklische Stärke von Rohstoffen analysieren, die für deutsche Anleger steuerlich optimalen Wege aufzeigen und eine disziplinierte Regel für die Allokation definieren. Ziel ist es, Ihnen das Wissen zu vermitteln, Rohstoffe nicht nur als passiven Inflationsschutz, sondern als aktiven Stabilisator für Ihr Portfolio zu nutzen.

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Um Ihnen eine klare Struktur für diese komplexe Thematik zu bieten, gliedert sich dieser Leitfaden in acht strategische Abschnitte. Jeder Teil baut auf dem vorherigen auf, um Sie von den Grundlagen bis zu fortgeschrittenen Anwendungsstrategien zu führen.

Warum Rohstoffe bei Inflation steigen, während Ihre Aktien und Anleihen verlieren?

Das fundamentale Problem in inflationären Phasen ist der Verlust der negativen Korrelation zwischen Aktien und Anleihen. Steigende Zinsen, die zur Inflationsbekämpfung eingesetzt werden, drücken auf die Kurse bestehender Anleihen und belasten gleichzeitig die Unternehmensbewertungen am Aktienmarkt. Beide Kernbausteine eines klassischen Portfolios geraten unter Druck. Genau hier entfalten Rohstoffe ihre systemische Stärke: Sie sind nicht die Leidtragenden der Inflation, sondern oft deren Ursache oder direkter Profiteur.

Der Mechanismus dahinter ist einfach: Inflation bedeutet, dass für dieselbe Menge Geld weniger reale Güter gekauft werden können. Rohstoffe sind die Basis dieser realen Güter – sei es Energie, Metalle oder Agrarprodukte. Eine steigende Nachfrage oder eine Verknappung des Angebots treibt ihre Preise und heizt die allgemeine Teuerung an. Für ein Portfolio bedeutet dies, dass eine Investition in Rohstoffe eine direkte Partizipation an genau der Preissteigerung ermöglicht, die den Wert von Bargeld und Anleihen erodiert. Es ist ein eingebauter Inflationsschutz.

Diese Eigenschaft lässt sich auch quantitativ messen. Laut einer Analyse von WisdomTree reagieren Rohstoffe stärker auf Inflationsveränderungen als jede andere große Anlageklasse. Ihr sogenanntes Inflations-Beta ist signifikant höher als das von Aktien. Historische Phasen, wie die Stagflation der 1970er Jahre, bestätigen dies eindrücklich: Während Anleger mit den meisten Anlageklassen real Geld verloren, waren Rohstoffe und Edelmetalle die einzigen Segmente, die einen nennenswerten Wertzuwachs verzeichneten. Sie agieren als antizyklisches Gegengewicht, wenn traditionelle Anlagen versagen.

Gold physisch kaufen, ETF oder Minenaktien: Welcher Weg passt zu Ihrem Portfolio?

Haben Sie sich für Gold als strategische Beimischung entschieden, stellt sich die entscheidende Frage nach der konkreten Umsetzung. Die Wahl des Anlagevehikels hat erhebliche Auswirkungen auf Kosten, Sicherheit und vor allem die steuerliche Behandlung in Deutschland. Es gibt drei primäre Wege: den Kauf von physischem Gold, die Investition in Gold-ETCs (Exchange Traded Commodities) oder den Erwerb von Aktien von Goldminenunternehmen.

Physisches Gold in Form von Barren oder Münzen bietet die höchste Sicherheit, da Sie den Vermögenswert direkt besitzen und keinem Emittentenrisiko ausgesetzt sind. Der Nachteil liegt in den höheren Anschaffungskosten (Prämien) und der Notwendigkeit einer sicheren Lagerung. Goldminenaktien wiederum bieten die Chance auf Dividenden und überproportionale Gewinne, wenn der Goldpreis steigt. Allerdings unterliegen sie dem allgemeinen Aktienmarktrisiko und spezifischen unternehmerischen Risiken. Gold-ETCs wie Xetra-Gold oder Euwax Gold II stellen einen Kompromiss dar: Sie sind liquide an der Börse handelbar und verbriefen einen Anspruch auf eine physische Auslieferung des Goldes, was sie steuerlich attraktiv macht.

Vergleich verschiedener Goldanlageformen für deutsches Portfolio

Für deutsche Anleger ist der steuerliche Aspekt oft entscheidend. Die folgende Übersicht zeigt die zentralen Unterschiede.

Diese Tabelle verdeutlicht die steuerlichen Vorteile von physischem Gold und bestimmten ETCs für deutsche Anleger. Wie eine Analyse von Sparkasse.de zu Goldinvestments zeigt, ist die steuerliche Behandlung ein zentraler Faktor bei der Wahl der Anlageform.

Vergleich der Steuersituation für deutsche Goldanleger
Anlageform Steuerliche Behandlung Besonderheit
Physisches Gold Steuerfrei nach 1 Jahr Haltedauer Ab 2024: 1.000€ Freigrenze pro Jahr
Gold-ETCs (Xetra-Gold) Steuerfrei nach 1 Jahr Mit Auslieferungsanspruch
Goldminenaktien 25% Abgeltungssteuer Plus Solidaritätszuschlag

Die Entscheidung hängt letztlich von Ihrer Risikotoleranz und Ihren Zielen ab. Wer maximale Sicherheit und steuerliche Vorteile sucht, bevorzugt physisches Gold oder physisch besicherte ETCs. Wer höhere Renditechancen bei höherem Risiko anstrebt, für den können Minenaktien eine Ergänzung sein.

Gold, Öl oder Weizen: Welche Rohstoffe schützen Sie in welcher Krisensituation?

Ein weit verbreiteter Fehler ist die Annahme, „Rohstoffe“ seien eine homogene Anlageklasse. In Wahrheit reagieren verschiedene Rohstoffsegmente sehr unterschiedlich auf spezifische wirtschaftliche oder geopolitische Schocks. Eine pauschale Investition in einen breit gestreuten Rohstoffindex kann daher ineffektiv sein. Ein strategisch denkender Anleger fragt sich stattdessen: Welches Szenario will ich absichern und welcher Rohstoff eignet sich dafür am besten?

Die Kunst der krisenspezifischen Allokation besteht darin, die Treiber der jeweiligen Krise zu verstehen. Eine geopolitische Krise im Nahen Osten wird den Ölpreis stärker beeinflussen als den Kupferpreis. Eine Dürre in wichtigen Anbauregionen treibt Agrarrohstoffe, während eine globale Rezession die Nachfrage nach Industriemetallen dämpft. Gold nimmt eine Sonderrolle ein: Es profitiert oft von genereller Unsicherheit, Währungsabwertungen und als „sicherer Hafen“ in Schuldenkrisen.

Für Anleger im Euroraum lassen sich konkrete Absicherungsstrategien ableiten:

  • Energiekrise in Europa: Eine Fokussierung auf Öl- und Gas-ETCs kann helfen, die Auswirkungen steigender Energiekosten auf das eigene Portfolio und die Lebenshaltungskosten zu kompensieren.
  • Rezession in China: In diesem Szenario ist es ratsam, die Position in Industriemetallen zu reduzieren und stattdessen defensive Rohstoffe wie Gold zu erhöhen.
  • Schuldenkrise in der Eurozone: Gold, sowohl physisch als auch über ETCs, erweist sich hier als primäre Absicherung gegen Währungsrisiken und Vertrauensverlust.
  • „Grüne Inflation“: Der massive Ausbau erneuerbarer Energien treibt die Nachfrage nach strategischen Metallen. Investitionen in Lithium, Kobalt und Kupfer können hier als Absicherung dienen.

Die enge Verknüpfung von Rohstoffpreisen und Geldpolitik unterstreicht diese Dynamik. Eine Untersuchung von Miranda-Pinto et al. zeigt, dass der Rohstoffkanal, insbesondere über Öl und Nahrungsmittel, einen erheblichen Teil der Wirkung von Geldpolitik auf die Inflation ausmacht. Dies beweist, dass eine gezielte Rohstoffauswahl ein mächtiges Instrument zur Steuerung des Portfoliorisikos ist.

Der Rohstoff-Fehler: Warum mehr als 10% Ihres Portfolios Ihre Rendite senken?

Nachdem die beeindruckende Schutzwirkung von Rohstoffen in Krisenzeiten offensichtlich ist, neigen einige Anleger zu einer Überreaktion: Sie gewichten Rohstoffe im Portfolio zu hoch. Dies ist jedoch ein strategischer Fehler. Rohstoffe sind eine Absicherung, ein Stabilisator – aber sie sind nicht der primäre Renditemotor eines langfristigen Portfolios. Ihre Hauptaufgabe ist es, in schlechten Zeiten für Aktien und Anleihen Verluste zu dämpfen, nicht, um langfristig die höchste Rendite zu erzielen.

Der Grund dafür liegt in den inhärenten Eigenschaften von Rohstoffen: Sie generieren keinen Cashflow. Im Gegensatz zu einer Aktie (Unternehmensgewinne, Dividenden) oder einer Immobilie (Mieteinnahmen) wirft ein Barren Gold oder ein Fass Öl keine laufenden Erträge ab. Der Gewinn entsteht ausschließlich aus der Preissteigerung. Zudem weisen Rohstoffe eine hohe Volatilität auf. Phasen starker Gewinne, wie sie Gold zuletzt zeigte, können von langen Seitwärts- oder Abwärtsphasen gefolgt werden. Laut Incrementum-Daten zeigt Gold zwar seit Jahresbeginn 2024 eine deutliche Outperformance gegenüber dem DAX, doch dies ist eine Momentaufnahme in einem spezifischen Marktumfeld.

Optimale Rohstoffallokation im Portfolio unter zehn Prozent visualisiert

Eine zu hohe Allokation, beispielsweise über 10-15 %, kann die langfristige Gesamtrendite des Portfolios daher schmälern. Sie opfern das stetige Wachstumspotenzial produktiver Anlagen wie Aktien für eine Absicherung, die nur in bestimmten Phasen ihre volle Stärke ausspielt. Die langfristige Durchschnittsrendite von Gold liegt zwar, wie Analysen seit dem Ende des Bretton-Woods-Systems zeigen, über der Inflationsrate, aber in der Regel unter der von globalen Aktienindizes.

Die strategische Schlussfolgerung ist klar: Eine strategische Beimischung von 5 % bis maximal 10 % ist für die meisten Portfolios ideal. Diese Größe ist ausreichend, um in Krisen eine spürbare stabilisierende Wirkung zu entfalten, ohne das langfristige Renditepotenzial des Gesamtportfolios zu stark zu beeinträchtigen. Alles darüber hinaus verwandelt eine kluge Versicherung in eine riskante Wette.

Wann in Rohstoffe investieren und wann verkaufen: Die 3 Timing-Signale?

Die effektivste Rohstoffstrategie ist nicht statisch, sondern dynamisch. Anstatt einen festen Prozentsatz stur beizubehalten, können fortgeschrittene Anleger ihre Rendite und Absicherungswirkung durch intelligentes Timing verbessern. Es geht darum, Rohstoffe zu kaufen, wenn sie günstig sind und eine Krise bevorsteht, und Gewinne mitzunehmen, wenn die Krise ihren Höhepunkt erreicht hat und andere Anlageklassen wieder attraktiv werden. Dafür gibt es objektive Signale, die über reine Bauchentscheidungen hinausgehen.

In einer Analyse von LYNX Broker zu Gold-ETFs werden mehrere solcher Indikatoren diskutiert. Drei davon sind für deutsche Anleger besonders relevant und einfach zu beobachten:

  1. Signal 1 – Das Gold/DAX-Ratio: Dieser Indikator misst, wie viele Unzen Gold benötigt werden, um den DAX-Index zu kaufen. Erreicht dieses Verhältnis historische Höchststände, bedeutet das, dass Gold im Vergleich zu deutschen Aktien sehr teuer ist. Dies ist ein klares Signal, einen Teil der Goldpositionen zu verkaufen und in den günstiger bewerteten Aktienmarkt umzuschichten.
  2. Signal 2 – Die Zinsstrukturkurve: Eine Inversion der Zinsstrukturkurve, insbesondere bei deutschen Staatsanleihen (wenn kurzfristige Anleihen höhere Zinsen bieten als langfristige), ist einer der zuverlässigsten Frühindikatoren für eine bevorstehende Rezession. Dies ist historisch gesehen ein exzellenter Zeitpunkt für den Einstieg in Rohstoffe, insbesondere Gold, da die Nachfrage nach sicheren Häfen bald steigen wird.
  3. Signal 3 – Der ifo-Geschäftsklimaindex: Dieser wichtige deutsche Frühindikator misst die Stimmung in den Unternehmen. Historische Tiefststände des Index, die auf eine pessimistische Wirtschaftslage hindeuten, korrelieren oft mit dem Beginn einer Erholung bei Rohstoffen. Wenn die Panik am größten ist, ergeben sich oft die besten Kaufgelegenheiten.

Diese Signale ersetzen keine umfassende Analyse, bieten aber einen disziplinierten Rahmen, um antizyklisch zu handeln. Wie eine Analyse von LYNX Broker feststellt:

Der Goldpreis lief, bezogen auf die vergangenen fünf Jahre, genauso stark wie der DAX-Kursindex, Euro Stoxx 50 und Dow Jones

– LYNX Broker Analyse, LYNX Gold ETF Analyse 2025

Dies unterstreicht, dass Gold kein Allheilmittel ist, sondern ein Instrument, dessen Einsatz strategisch getimt werden muss, um seine relative Stärke optimal auszunutzen.

Wie Sie Ihr Portfolio in 4 Schritten diversifizieren und Risiken halbieren?

Eine effektive Diversifikation mit Rohstoffen geht über die bloße Beimischung hinaus. Es ist ein strukturierter Prozess, der mit der Analyse des bestehenden Portfolios beginnt und in einer klaren Anlagestrategie mündet. Der folgende 4-Schritte-Prozess hilft Ihnen, Rohstoffe systematisch zu integrieren, um die Portfolio-Resilienz zu erhöhen.

Schritt 1: Risikoanalyse des Kernportfolios. Analysieren Sie Ihr bestehendes Portfolio aus Aktien und Anleihen. Wie stark ist Ihre Abhängigkeit von wirtschaftlichem Wachstum? Wie sensibel reagiert es auf Zinsänderungen? Identifizieren Sie die primären Risiken – ist es eine Stagflation, eine Hyperinflation oder eine klassische Rezession?

Schritt 2: Definition der Absicherungsziele. Basierend auf der Risikoanalyse legen Sie fest, welche Szenarien Sie primär absichern möchten. Geht es um den allgemeinen Kaufkrafterhalt bei moderater Inflation oder um den Schutz vor einem Systemkollaps? Dies bestimmt die Auswahl der Rohstoffsegmente (z.B. Industriemetalle vs. Edelmetalle).

Schritt 3: Auswahl der passenden Anlageinstrumente. Wie bereits diskutiert, ist die Wahl des Vehikels entscheidend. Für eine breite Abdeckung kommen Rohstoff-Aktien-ETFs oder Future-basierte ETFs in Frage. Für eine gezielte Absicherung sind Einzelrohstoff-ETCs oft die bessere Wahl. Die folgende Tabelle von Finanztest gibt einen Überblick über die Vor- und Nachteile.

Rohstoff-ETF/-ETC Vergleich für deutsche Anleger
ETF-Typ Vorteile Nachteile Eignung
Rohstoff-Aktien-ETF Dividenden möglich, keine Rollverluste Aktienrisiko, keine direkte Rohstoffexposition Langfristanleger
Rohstoff-Future-ETF Direkte Preispartizipation Rollverluste möglich, komplex Erfahrene Anleger
Rohstoff-ETC Einzelrohstoff möglich, oft physisch besichert Emittentenrisiko Fokussierte Anleger

Schritt 4: Implementierung und Monitoring. Fügen Sie die ausgewählten Instrumente im definierten Zielkorridor (z.B. 5-10%) Ihrem Portfolio hinzu. Wichtig ist, die Position und die zugrundeliegenden Thesen regelmäßig zu überprüfen. Nutzen Sie die im vorherigen Kapitel genannten Timing-Signale, um die Allokation dynamisch anzupassen und Rebalancing-Entscheidungen zu treffen.

Warum Immobilien bei Inflation Ihr Geld besser schützen als jedes Sparbuch?

Der Titel stellt eine weit verbreitete Annahme dar: Immobilien als ultimativer Sachwert und Inflationsschutz. Tatsächlich konnten Immobilienbesitzer in den vergangenen Jahrzehnten oft von steigenden Mieten und Wertzuwächsen profitieren, die die Inflation mehr als ausglichen. Im Vergleich zum Sparbuch, dessen Zinsen bei hoher Inflation zu einem garantierten Realverlust führen, erscheint die Immobilie als klarer Gewinner. Doch für den strategischen Portfoliokontext ist diese Sichtweise gefährlich und unvollständig.

Gerade im aktuellen Umfeld in Deutschland zeigt sich die Kehrseite. Die zur Inflationsbekämpfung drastisch gestiegenen Zinsen haben die Finanzierungskosten für Immobilienkäufer explodieren lassen, was die Nachfrage einbrechen ließ. Gleichzeitig führen hohe Baukosten und regulatorische Unsicherheiten zu einer tiefen Krise im Bausektor. Das Resultat: Die fallenden Immobilienpreise seit Mitte 2022 zeigen, dass die vermeintliche Sicherheit Risse bekommt. Eine Immobilie ist kein garantierter Inflationsschutz, wenn das makroökonomische Umfeld die Nachfrage zerstört.

Hier offenbart sich der strategische Vorteil von Rohstoffen wie Gold: Liquidität und fehlende Zinsabhängigkeit. Während eine Immobilie illiquide ist und ihr Wert stark von den Finanzierungskonditionen abhängt, kann Gold jederzeit weltweit gehandelt werden. Es profitiert sogar von der Unsicherheit, die Immobilien belastet. Es ist kein Zufall, dass Deutschland nicht nur eine Nation der Sparer, sondern auch der Goldbesitzer ist. Zahlen der Bundesbank zeigen, dass deutsche Privathaushalte weltweit die größten privaten Goldbestände halten. Dies spiegelt ein tiefes Verständnis für die Notwendigkeit eines liquiden, unabhängigen Sachwerts wider.

Die Lektion ist nicht, dass Immobilien schlecht sind, sondern dass sie eine andere Art von Risiko und Illiquidität mit sich bringen. Als Portfolio-Absicherung in einer schnellen, zinsgetriebenen Krise sind sie Rohstoffen oft unterlegen. Sie sind eher ein langfristiges, unternehmerisches Investment als ein agiler Krisenpuffer.

Das Wichtigste in Kürze

  • Antizyklische Funktion: Rohstoffe weisen eine negative Korrelation zu Aktien und Anleihen in Inflationsphasen auf und stabilisieren so das Portfolio.
  • Strategische Allokation: Eine Beimischung von 5-10 % ist optimal; ein höherer Anteil kann die langfristige Rendite durch hohe Volatilität und fehlenden Cashflow senken.
  • Krisenspezifität: Nicht jeder Rohstoff schützt in jeder Krise. Eine gezielte Auswahl (z.B. Öl bei Energiekrise, Gold bei Finanzkrise) ist entscheidend.

Wie Sie verstehen, wie Märkte wirklich funktionieren und nicht blind Finanzprodukten vertrauen

Der letzte und vielleicht wichtigste Schritt zur erfolgreichen Absicherung Ihres Portfolios ist ein mentaler: die Entwicklung eines tiefen Verständnisses für die Funktionsweise der Märkte anstelle von blindem Vertrauen in Marketingversprechen von Finanzprodukten. Jeder ETF, jeder Fonds und jedes Zertifikat wird mit einer überzeugenden Geschichte verkauft. Ihre Aufgabe als mündiger Anleger ist es, diese Geschichte kritisch zu hinterfragen und die zugrundeliegenden Mechanismen zu verstehen.

Dies gilt insbesondere für Rohstoffinvestments, die voller Fallstricke stecken. Ein ETF, der auf Futures basiert, unterliegt dem Problem der Rollverluste, die Ihre Rendite auffressen können, selbst wenn der Rohstoffpreis steigt. Ein ETC, der einen Einzelrohstoff abbildet, birgt ein Emittentenrisiko – geht der Anbieter pleite, kann Ihr Investment wertlos sein. Diese Risiken werden in den Hochglanzbroschüren selten prominent dargestellt.

Ein echtes Marktverständnis bedeutet, die Perspektive zu wechseln: von der reinen Produktfokussierung hin zu einer Strategiefokussierung. Stellen Sie sich Fragen wie: Warum sollte diese Absicherung jetzt funktionieren? Welche Gegenkräfte gibt es? Wie hat sich diese Strategie in vergangenen, ähnlichen Zyklen verhalten? Es geht darum, eine eigene, fundierte Meinung zu entwickeln, die auf Logik und historischen Daten beruht.

Ihre Checkliste für kritische Rohstoff-Investments

  1. Struktur verstehen: Verstehen Sie die Rollverlust-Problematik bei Future-ETFs vollständig und prüfen Sie, ob die Struktur (Contango/Backwardation) aktuell zu Verlusten führt.
  2. Risiken bewerten: Prüfen Sie das Emittentenrisiko bei ETCs genau. Ist das Produkt physisch besichert und als Sondervermögen geschützt?
  3. Kosten analysieren: Beachten Sie die gesamte Kostenstruktur (TER, Spreads, Transaktionskosten). Versteckte Kosten können die Rendite erheblich schmälern.
  4. Versprechen hinterfragen: Hinterfragen Sie Marketingversprechen kritisch. Eine hohe Rendite in der Vergangenheit ist keine Garantie für die Zukunft.
  5. Eigene Strategie entwickeln: Entwickeln Sie eine eigene, schriftlich fixierte Strategie basierend auf Ihrer Risikotoleranz, Ihrem Anlagehorizont und den hier diskutierten Timing-Signalen.

Wie WisdomTree Research treffend bemerkt, gibt es selbst bei Gold Nuancen, die oft übersehen werden:

Rohstoffe weisen ein höheres Inflations-Beta auf als jede andere Anlageklasse, einschließlich Gold. Gold jedoch folgt der Inflation tendenziell nur nach oben, was sich in einem insgesamt geringeren Beta niederschlägt

– WisdomTree Research, WisdomTree Rohstoff-Analyse

Dies zeigt: Nur wer die Details versteht, kann die richtigen Instrumente für seine Ziele auswählen. Ihr Wissen ist Ihr bester Schutz.

Der Aufbau von eigenem Wissen ist der nachhaltigste Weg, Ihr Vermögen zu schützen. Nehmen Sie sich die Zeit, die fundamentalen Marktmechanismen wirklich zu durchdringen.

Beginnen Sie noch heute damit, Ihr Portfolio nicht nur zu verwalten, sondern strategisch abzusichern. Eine Überprüfung Ihrer aktuellen Allokation im Licht dieser Prinzipien ist der erste, entscheidende Schritt zu einem wahrhaft resilienten Vermögen.

Geschrieben von Thomas Schneider, Thomas Schneider ist unabhängiger Finanzanalyst und zertifizierter Anlageberater (CFP) mit 14 Jahren Erfahrung in der Vermögensberatung für Privatanleger. Nach seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Goethe-Universität Frankfurt arbeitete er zunächst bei einer überregionalen Direktbank, bevor er sich 2016 selbstständig machte, um interessenkonfliktfreie Beratung anzubieten.